Autor: Milena Leuner
Milena Leuner
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Rasseporträt: Islandpferde
21.08.2020

Rasseporträt: Islandpferde

Obwohl in unseren Breitengraden die Begriffe Pony und Ponyhof sofort mit den Pferdchen aus dem Norden assoziiert werden, lautet die offizielle Rassenbezeichnung dennoch Islandpferd. Fans der Rasse begründen das mit der enormen Zähigkeit und Leistungsfähigkeit der Isländer. Schließlich tragen die kleinen Pferde in ihrer Heimat ausgewachsene Männer über weite Strecken. Tatsächlich ist es aber so, dass es im Isländischen nur ein Wort für „Pferd“ gibt, so lebt auf der „Insel aus Feuer und Eis“ auch nur eine Art Pferd, seit mehr als 1000 Jahren in Reinzucht. 

Kurz: das Islandpferd ist etwas ganz Besonderes. 

Islandpferde Herde

Herkunft und Geschichte der Islandpferde

Als um 930, vor mehr als 1000 Jahren, die Nordmänner auf ihrer Suche nach einem möglichen Siedlungsgebiet nach Island kamen, befanden sich auf ihren Schiffen auch Pferde. Diese wurden für die Feldarbeit, zum Lastentransport und als Fortbewegungsmittel benötigt. Über die Jahrhunderte entwickelte sich aus diesen Tieren das Islandpferd. Der Mensch selektierte dabei auf gute Charaktereigenschaften, auf Zähigkeit und Widerstandskraft. 

Die Isländer lebten ganzjährig im Freien, auch die Fohlen mussten mit dem rauen Klima zurecht kommen. Weil auf Island das Gelände recht unwegsam war, gab es anders als in Kontinentaleuropa wenige Straßen. Statt mit der Kutsche bewegte man sich sehr lange Zeit noch auf dem Pferd fort.

Auf der abgeschiedenen Insel entwickelten sich die Isländer völlig unabhängig von der europäischen Pferdezucht. Mit ein Grund dafür ist das immer noch bestehende Importverbot für Tiere nach Island. Nach Deutschland und Österreich gelangten die ersten Rassevertreter erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Dort wurden sie schnell zu Symbolen der neu entstehenden Freizeitreiterbewegung.

Mit der Zeit gab es immer mehr der wuscheligen Kleinpferde in Mitteleuropa. Zuchtverbände wurden gegründet und Vergleichswettkämpfe ins Leben gerufen. Heute leben rund 50.000 Isländer in Deutschland. Die Kleinpferde mit den Spezialgangarten zählen damit zu den beliebtesten Pferderassen der Bundesrepublik.

Islandpferde Fohlen

Sag' niemals Pony zu ihnen – Erscheinungsbild

Beim Islandpferd handelt es sich um ein kompaktes, stämmiges Tier mit einem Stockmaß von etwa 130 bis 145 cm. Damit handelt es sich bei den oft auch „Isi“ genannten Kleinpferden streng genommen eigentlich um Ponys (alles unter 1,48 m Stockmaß gilt offiziell als Pony). 

Dennoch bestehen Fans und Besitzer darauf, ihre Tiere als Pferde zu bezeichnen. Nicht ganz zu Unrecht, so leisten die kleinen Islandpferde doch Erstaunliches. Das Leben auf Island führte zu einer harten Selektion. Das Nahrungsangebot war knapp, die Böden hart und die Winter lang und kalt. 

Die Islandpferde haben sich daran angepasst. Sie entwickelten eine gedrungenen Körperbau, kleine, harte Hufe und ein dichtes, dickes Winterfell, das zuverlässig vor Kälte und Nässe schützt. 

Zudem sind die Islandpferde ausgesprochen genügsam, sehr ausdauernd und zäh. Mit ihrem kurzen, muskulösen Rücken sind sie richtige Gewichtsträger, die auch erwachsene Männer mit mehr als 80 kg Körpergewicht tragen können. Ihr üppiges Langhaar und ein mittelgroßer Kopf mit kleinen Ohren und breiter Stirn verleihen ihnen einen pfiffigen Ausdruck, der mit für den Siegeszug des Islandpferds verantwortlich ist.

Islandpferde können zum Beispiel in einem Aktivstall gehalten werden. Um den Tieren eine artgerechte Haltung zu ermöglichen, bieten Sie eine große Freifläche, Futter- und Wasserstellen sowie Liegeflächen mit weichem Pferdeeinstreu an. 

Islandpferde Aussehen

Charakter und Verhalten der Islandpferde

Isländern sagt man nach besonders mutige, gelassene und freundliche Pferde zu sein. Darüber hinaus gelten sie als trittsicher, sehr menschenbezogen und rittig. Diese Eigenschaften sind das Ergebnis einer jahrhundertelangen strengen Selektion. 

Im unwegsamen Gelände Islands, zwischen Gletschern und Geysiren konnte ein ungehorsames, widersetzliches Tier den Tod von Reiter und Pferd bedeuten. Islandpferde, die den Anforderungen nicht entsprachen, landeten schlicht auf dem Teller. Ihre Gutmütigkeit und ihr Leistungswille waren wohl auch mitverantwortlich für den Siegeszug des Isländers in Europa. 

Dennoch ist ein Islandpferd kein reines Kinderpony, dafür sind die zähen Nordpferde zu temperamentvoll. Außerdem steckt in einem Islandpferd eine gehörige Portion Ponysturkopf, der klare Anweisungen und eine konsequente Erziehung braucht. Mit entsprechender Ausbildung können sie jedoch problemlos auch von Kindern geritten werden.

Islandpferde Tölt

Isländische Spezialitäten: Tölt und Rennpass

Etwas ganz besonderes sind zweifellos die Gangarten der Islandpferde. Während im übrigen Europa Tölt und Pass gezielt weggezüchtet wurden, blieben sie beim Isländer erhalten. Ein "Isi" verfügt neben Schritt, Trab und Galopp auch über den Tölt, und sogar noch über den Rennpass.

Schon die Fohlen auf der Weide zeigen den Tölt, eine Gangart im Viertakt ohne Schwebephase. Weil sich immer ein oder zwei Hufe am Boden befinden, sitzt der Reiter sehr bequem und nahezu erschütterungsfrei auf dem Tier. Die Geschwindigkeit ist dabei variabel und kann fast Galopptempo erreichen. Eine perfekte Reisegangart also, die einen großen Teil zur Beliebtheit der Islandpferde beigetragen hat.

Der Rennpass dagegen ist nicht bei jedem Islandpferd angeboren. Die laterale Gangart mit Schwebephase wird ausschließlich im Renntempo geritten. Der Rekord liegt bei unter 20 Sekunden für 250 Meter. 

Islandpferde

Islandpferde und ihre Probleme

Isländer sind ohne Frage tolle Pferde. Dennoch haben die robusten Kleinpferde ihre Schwierigkeiten mit dem mitteleuropäischen Klima. Zum einen sind da die Insekten. Auf Island gibt es aufgrund der Temperaturen und der Bodenbeschaffenheit nur sehr wenige Insekten. Die von der Insel importierten Tiere hatten daher große Probleme, sich an die hier vorhandenen Kriebelmücken und andere stechende Insekten zu gewöhnen. 

Etliche entwickelten ein Sommerekzem, eine allergische Reaktion auf Mückenstiche, die zu einem extremen Juckreiz führt. In ihrer Verzweiflung scheuern sich die Tiere Schweif und Mähne, bis sie bluten. Mittlerweile gibt es sogenannte Ekzemerdecken, zahlreiche Mittel gegen Insekten und Lotionen, die den Juckreiz mildern. Über die Generationen haben sich die Isländer aber auch an das heimische Klima angepasst, viele der hier geborenen Pferde sind ekzemfrei. 

Zweiter Punkt ist die Genügsamkeit der Tiere. Auf Island mussten sie kalte Winter mit kargem Futter überstehen und sind hervorragend daran angepasst. Hier finden sie nun üppige Weiden und vergleichsweise milde Winter vor, verfetten schnell und neigen dann zu Krankheiten wie EMS, Cushing oder Hufrehe. Wer sich also ein Islandpferd kauft, sollte unbedingt darauf achten, dass es passend , das heißt energiearm, gefüttert wird und Schutz vor Insekten findet, dann ist der Spaß an den freundlichen Töltern aus dem Norden garantiert.

Hinweis zum Thema Reiten

In unserem Leitfaden rund ums Reiten geben wir weitere Informationen für Anfänger und Tipps rund um das Reiten lernen in Dresden